Träume können einen oft so sehr zurückreißen. Dann sind zwölf Jahre – oder sogar noch ein bisschen mehr – weggewischt und man ist in diesem einen Gefühl zurück, das man hatte, und das so schmerzlich war – und doch auch so gut. Schwierig, wie sehr das Hirn und der Teil von ihm, den wir gern als Herz bezeichnen, sich auf diese Unerreichbaren und dieses nicht wieder zu erreichende Gefühl der unerwiderten Liebe stürzt.
Irgendeine Schulaula, ein Gemisch aus all denen, die ich kenne, aber auch ein bisschen aus den Kirchen, in denen das Orchester meines Vaters schon spielte, und ich wende mich nach links. Zwei Plätze neben mir: Er. Mein Herz hüpft. Und all die Zweifel, die ich in den letzten Tagen bezüglich des Älterwerdens und meines Aussehens hatte, sind weggewischt, weil irgendwie das Äußere nicht so zählt, wie es in Wahrheit zählen würde, auch wenn man immer behauptet, das tue es nicht, aber in unserer, in meiner Welt zählt es leider eben doch, aber im Traum also nicht. Vielleicht liegt es auch daran, dass man das Aussehen im Traum nicht so ganz greift: Er ist es zwar, aber nicht so sehr sein Erscheinungsbild ist der, den ich kenne, sondern das Empfinden, was es in mir auslöst. Wir wenden uns zueinander und umarmen uns zur Begrüßung. Und jedes Sehnen, das ich im letzten Jahrzehnt unterdrückt habe, zieht sich durch meinen Körper in diese Umarmung hinein. Ich will nicht vermissen, was ich schon viel zu lange nicht mehr hatte, und was nie gut gewesen ist, als ich es hatte, und was ich auch überhaupt nur bruchstückchenweise hatte, aber da ist es wieder: Das Wissen um ihn und uns und die Jugend.
Manchmal glaube ich, eine Umarmung wäre wie nach Hause kommen. Aber tatsächlich ist sie das nie gewesen.