Vanitas …

… wirft mein Hirn mir seit gestern Abend dauernd hin. Eigentlich seit Dienstag, als eine Freundin sagte: „Ach, die bessere Hälfte ist nun vorei.“ Ich wollte ihr widersprechen, aber seit drei Jahren nervt der Körper mit kleinen Wehwehchen und ja, die bessere Hälfte – sofern es denn überhaupt die Hälfte sein wird – ist vorbei.

Immer war ich der Meinung, dass mein Leben angefüllt ist, dass ich hinter jeder Entscheidung stehen kann. Und tatsächlich ist das weiterhin so. Dennoch: Oft wünsche ich mir das Gefühl der Jugend zurück, dieses Gefühlswirrwarr, das mich damals so unglücklich machte, aber doch jeden Tag voll ausleben ließ. Und die Unsicherheit hinsichtlich des Lebensweges, die mich nach Studium noch zur Diss trieb – und damit weitere Jahre in Armut. Obwohl ich mich nie als wirklich arm gesehen habe, bin ich das mit oft höchstens 650 Euro im Monat sicherlich auch schon vor 15 Jahren gewesen.

Die Lebensabschnitte liegen in Dekaden gestapelt hinter mir. Kindheit, schwierige Jugend, Ausbildung, Ein- und Aufstieg im Job – und Anerkennung. Durch KollegInnen, wichtiger aber noch durch SchülerInnen. Ich weiß, dass ich ihr Leben mit beeinflusse, dass ich sie mit leite, dass sie immer mal wieder meine Stimme in ihrem Kopf hören werden. Nicht so oft, wie ich es wahrscheinlich denke und sicherlich nicht alle, aber ihre Rückbesinnung auf die Schulzeit ist immer mit mir verknüpft, und das in gutem Sinne. Ich kann mit Menschen umgehen und finde die Balance. Also habe ich den richtigen Beruf und bewirke etwas. Privat pflege ich lange Freundschaften und eine lange Beziehung, die nicht durch Ringe, doch aber durch ein gemeinsames Haus verbunden ist. Er gibt mir viel und doch geben wir uns auch die Freiheit, Individuen zu bleiben, was eigene Kinder eventuell eingeschränkt hätten. Und trotzdem: Manchmal erscheint es mir, als sei unser Alltag mit zu wenig Gesprächen gefüllt. Und davon unabhängig, als müsste ich mehr machen, meinem Leben mehr Sinn geben.

Du siehst, wohin du siehst, nur Eitelkeit auf Erden,
Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein;
Wo jetzund Städte stehn, wird eine Wiese sein,
Auf der ein Schäferskind wird spielen mit den Herden.

Was jetzund prächtig blüht, soll bald zertreten werden;
Was jetzt so pocht und trotzt, ist morgen Asch und Bein;

Nichts ist, das ewig sei, kein Erz, kein Marmorstein.
Jetzt lacht das Glück uns an, bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Taten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit, der leichte Mensch bestehn?
Ach, was ist alles dies, was wir vor köstlich achten,

Als schlechte Nichtigkeit, als Schatten, Staub und Wind,
Als eine Wiesenblum, die man nicht wieder findt!
Noch will, was ewig ist, kein einig Mensch betrachten.

(Andreas Gryphius, der mich schon zu Schulzeiten beeindruckte.)

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